
Als fünfte erfolgreiche europäische Bürger*innen Initiative (EBI), fordert die ‘Minority Safepack – eine Million Unterschriften für die Vielfalt Europas’ Initiative weitere Maßnahmen zum Schutz von Minderheiten in der EU.
Sophia Stille // 30.07.2021
Wie viel wissen Sie über Menschen, die Baskisch, Katalanisch, Friesisch oder Saami sprechen? Oder über die dänische Minderheit, die in Deutschland lebt? In der EU gibt es über 60 regionale oder indigene Minderheitensprachen, die von 40 Millionen Menschen gesprochen werden. Etwa 8 % der EU-Bürger und Bürgerinnen gehören einer nationalen Minderheit an und 10 % sprechen eine Regional- oder Minderheitensprache. Die ethnische Verteilung der Menschen in Europa orientiert sich nicht immer an den politischen Grenzen der Staaten, die oft viel jünger sind. Politikerinnen und Politiker sind sich einig, dass Minderheitensprachen und -gemeinschaften in die EU-Politik einbezogen werden müssen – aber inwiefern ist das der Fall?
Im April 2017 wurde die ‘Minority Safepack’ Bürger*innen Initiative (EBI) bei der EU- Kommission registriert. Durch den EBI Mechanismus können EU-Bürgerinnen und Bürger Unterschriften sammeln, um die EU-Institutionen auf nicht ausreichend behandelte Themen aufmerksam zu machen. Dafür braucht es mindestens eine Million Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern aus mindestens 7 EU-Staaten.
Innerhalb eines Jahres wurden mehr als 1,3 Millionen Unterschriften gesammelt, was den Zuspruch für die Initiative und damit für die Rechte der in der Europäischen Union lebenden Minderheiten zeigt.
Die ‘Minority Safepack’ Initiative enthält 9 Vorschläge, die von der EU-Kommission aufgegriffen wurden, darunter:
- Eine EU-Empfehlung zum Schutz und zur Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt
- Förderprogramme für kleine Sprachgemeinschaften
- Die Schaffung eines “Zentrums für Sprachenvielfalt”
- Den Schutz nationaler Minderheiten und die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in die Ziele des EU-Fonds für regionale Entwicklung aufzunehmen
- Die Forschung über den Mehrwert von Minderheiten in unserer Gesellschaft und Europa voranzutreiben
- Anstrebung der Gleichheit für staatenlose Minderheiten, z.B. Roma
- Ein übergreifendes europäisches Urheberrechtsgesetz, damit Medien und Dienstleistungen in der Muttersprache wahrgenommen werden können
- Freiheit der Leistung und Inanspruchnahme audiovisueller Inhalte in den Minderheitenregionen
- Bedingungslose Einbeziehung der Minderheiten in regionale und staatliche Förderprogramme zum Erhalt von Kultur, Medien und Kulturerbe

Reaktion der EU-Institutionen
Im Oktober 2020 erhielt die Initiative bei einer öffentlichen Anhörung Zuspruch vom Europäischen Parlament. Bei einer folgenden Plenardebatte wurde eine Resolution zur Unterstützung der Rechte von Minderheiten in der EU verabschiedet. Im Januar 2021 veröffentlichte die EU-Kommission ihre Antwort auf die Initiative, worin alle 9 Forderungen detailliert diskutiert wurden. Es wurden keine neuen Gesetzesänderungen veranlasst, sondern auf bestehende Gesetzgebung verwiesen. Diese wurde seit Veröffentlichung der Initiative angeglichen und wird, laut der Kommission, die Ziele der Initiative durch eine vollständige Umsetzung der Rechtsakte unterstützen. Die Kommission betonte außerdem, dass Vielfalt “das Herzstück der Union” und eines der Grundprinzipien sei, auf denen die EU gegründet wurde. Sie verweist auch auf Artikel 21 und 22 der Grundrechtecharta, die die Rechte von Minderheiten gewährleisten. Darüber hinaus erwähnt die Kommission den “Union of Equality” Plan, der den EU-Anti-Rassismusplan, die Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter und die LGBTQI-Strategie, sowie den EU-Strategierahmen für Gleichstellung, Eingliederung und Beteiligung der Roma umfasst.
Die Antwort der Kommission wurde von den Organisator*innen und Abgeordneten des Europäischen Parlaments kritisiert. Die Kommission habe mit einer ‘Flut von Reden’, aber ohne ernstzunehmenden Handlungsschritte reagiert.
Was nun?
Obwohl das EBI Verfahren mit der Antwort der Kommission beendet wurde, geht die Arbeit der Initiative weiter. Der Europaabgeordnete Rasmus Andresen (Greens/EFA) kündigte an, dass nun auf nationale Regierungen Druck gemacht werden müsse, um die Kommission zu ernsthaften Gesetzesänderungen zu bewegen. Die Arbeit um die Rechte von Minderheiten in der EU ausreichend zu schützen geht also weiter. Our Only Home wird über weitere Entwicklungen berichten. Für mehr Informationen der Organisator*innen lohnt es sich, den Newsletter zu abonnieren oder regelmäßig auf der EBI Website der EU-Kommission vorbei zu schauen.
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