Tierversuche sind tief in der EU-Praxis verwurzelt

Stoppen Sie Tierversuche mit Vivisektion

Als dritte erfolgreiche Europäische Bürger*innen Initiative (EBI) forderte die 2013 eingereichte Initiative “Stoppt Vivisektion” ein Verbot von Tierversuchen für biomedizinische und toxikologische Forschungszwecke in der EU. Hat sich seitdem etwas verändert?


Verfasst von Sophia Stille // 10.09.2021

Tierversuche – Gängige Praxis?

Laut der Organisation “Cruelty free International” wurden im Jahr 2017 in der EU 23,5 Millionen Tiere für wissenschaftliche Zwecke getötet. Es ist gängige Praxis, dass neue Medikamente oder andere biomedizinische Produkte an Tieren getestet werden, die entweder während der Versuche sterben oder danach getötet werden. Begründet wird dies oft mit dem immensen Forschungsfortschritt, der durch diese Versuche erzielt wird. Diese Methode wird auch als Vivisektion bezeichnet. Britannica definiert Vivisektion als einen “Eingriff an einem lebenden Tier zu Versuchs- und nicht zu Heilzwecken; im weiteren Sinne alle Versuche an lebenden Tieren”.

Um für die Rechte und den Schutz von Tieren zu laut zu werden, wurde 2012 die Europäische Bürgerinitiative (EBI) “Stoppt Vivisektion” gegründet. Drei Jahre später, nachdem mehr als 1,15 Millionen Unterschriften gesammelt werden konnten, wurde sie von der Europäischen Kommission als erfolgreich eingestuft.

Der EBI-Mechanismus wurde eingeführt, um es EU-Bürgerinnen und -Bürgern zu ermöglichen, sich an der Gestaltung der EU-Politik zu beteiligen. Damit eine Initiative erfolgreich ist, müssen die Organisator*innen 1 Million Unterschriften von Bürger*innen aus mindestens 7 verschiedenen EU-Ländern sammeln. Wenn dies der Fall ist, muss die Europäische Kommission die Forderungen prüfen und eine Antwort vorlegen.

Initiative zum Stopp von Tierversuchen

Die Organisator*innen von “Stopt Vivisektion” forderten einen “Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie biomedizinische und toxikologische Forschung betrieben wird”. Konkret forderten sie die Europäische Kommission auf, die Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere zu widerrufen. Stattdessen forderten sie eine neue Gesetzgebung, die Forschungsmethoden nicht auf den Einsatz von Tierversuchen stützt. Außerdem forderten sie unter Hinweis auf klare ethische Einwände gegen Tierversuche einen Rahmen, der die Verwendung von Daten, die unmittelbar für die menschliche Spezies relevant sind, verbindlich vorschreibt. Schließlich kritisierten die Organisator*innen die Richtlinie, da sie Markt- und Finanzinteressen über den Tierschutz stelle. 

Mehr als 130 Organisationen, Verbände und Parteien in vielen verschiedenen Mitgliedsstaaten unterstützten die Initiative, so zum Beispiel animal equality e.V., tasso e.V. und Ärzte gegen Tierversuche e.V.. Die Initiative stoß jedoch auch auf Gegenwind. Mehr als 120 Organisationen, Universitäten und Akteure der Industrie unterzeichneten eine Erklärung, die die Richtlinie 2010/63/EU unterstützt. Sie betonten, wie wichtig Tierversuche sind, um Heilungsmethoden für Krankheiten wie Krebs und Alzheimer voranzutreiben. Sie stimmten zwar zu, dass Tierversuche so weit wie möglich reduziert werden sollten, erklärten jedoch, dass es derzeit noch nicht möglich sei, den Abbau von Chemikalien im Körper allein anhand von Zellen ausreichend zu verstehen. Die European Animal Research Association (EARA) erklärte, die Aufhebung der Richtlinie würde die führende Rolle Europas bei der Förderung des medizinischen Fortschritts beeinträchtigen.

Die Antwort der Kommission

Im Juni 2015 veröffentlichte die Kommission ihre Antwort, in der sie bekräftigte, dass Tierversuche in der EU schrittweise abgeschafft werden sollten. Allerdings erklärte die Kommission, dass sie dem von den Organisator*innen vorgeschlagenen Ansatz nicht zustimme. Nach Ansicht der Kommission ist die Richtlinie zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (2010/63/EU) der richtige Ansatz, um die Ziele der Initiative zu erreichen. Sie enthält einen Plan zum vollständigen Ersatz von Tierversuchen als Endziel, sobald dies wissenschaftlich möglich ist. Darüber hinaus schlug die Kommission eine wissenschaftliche Konferenz mit Expert*innen und Interessenvertreter*innen vor, um die Abschaffung von Tierversuchen voranzutreiben. Diese fand im Dezember 2016 statt. Darüber hinaus veröffentlichte die Kommission im November 2017 einen Folgebericht, um zu überprüfen, ob die Ziele der Richtlinie erreicht werden. Hier hob Sie insbesondere die Berücksichtigung der Fortschritte bei tierversuchsfreien Forschungsmethoden hervor.

Wie geht es weiter?

Wie man sich denken kann, finden die Organisator*innen der Initiative die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ausreichend. Man muss jedoch in Betracht ziehen, dass viele verschiedene Akteure, Interessengruppen und Forschungszentren an der Gestaltung der wissenschaftlichen Arbeit beteiligt sind. Daher wird es wahrscheinlich noch viele Jahre und Diskussionsrunden, sowie Fortschritte bei alternativen Testmethoden brauchen, um eine tierversuchsfreie Forschungswelt in der EU einzuführen. Die Organisator*innen der Initiative und viele Organisationen arbeiten daher weiterhin daran, einen besseren Schutz von Tieren in der wissenschaftlichen Forschung zu erreichen. Wenn Sie mehr über dieses Thema wissen möchten, können Sie der Initiative in den sozialen Medien folgen oder auf der offiziellen Website nachschauen. Außerdem, informiert die Tierschutz- und Tierrechtsorganisation PETA e.V. in  ihrer Podcast Reihe über Tierversuche in der Wissenschaft, Tierrechte und andere relevante Themen. Bei neuen Entwicklungen zum Thema Tierversuche in der EU und zu dieser und weiteren Initiativen, schauen sie auf unserer Website vorbei, wo wir regelmäßig über Neuigkeiten informieren.

Quellen:

finanziert von europanaevnet

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