Wie steht es um ein Glyphosat Verbot in der EU?

Glyphosat verbieten

Verfasst von Lea Gormsen // Übersetzt von Sophia Stille  31.8.2021

Die Europäische Bürger*innen Initiative (EBI) “Glyphosat stoppen!” wurde 2017 mit dem Ziel gestartet, Glyphosat EU-weit zu verbieten. Ab 2024 wird die Nutzung von Glyphosat zumindest in Deutschland verboten sein. War die Initiative also erfolgreich?

Die Initiative wurde ins Leben gerufen um Menschen und Umwelt vor der Belastung durch giftige Pestizide zu schützen. Die Organisator*innen forderten die Europäische Kommission auf, die Mitgliedstaaten zu verpflichten:

  1. ein Verbot von Herbiziden auf Glyphosat Basis zu erlassen, deren Anwendung mit möglichen Krebserkrankungen beim Menschen in Verbindung gebracht wird und zu einer Schädigung der Ökosysteme führt
  2. sicherzustellen, dass die wissenschaftliche Bewertung von Pestiziden für die EU-Zulassung nur auf veröffentlichten Studien beruht, die von den zuständigen Behörden und nicht von der Pestizid Industrie in Auftrag gegeben werden
  3. EU-weit verbindliche Ziele für die Reduzierung des Pestizid Einsatzes festzulegen, um eine pestizidfreie Zukunft zu ermöglichen

Durch den EBI- Mechanismus können EU-Bürgerinnen und Bürger Unterschriften sammeln, um die EU-Institutionen auf nicht ausreichend behandelte Themen aufmerksam zu machen, und so EU-Politik mitgestalten. Dafür braucht es mindestens eine Million Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern aus mindestens 7 EU-Staaten.

Die EBI wurde am 25. Januar 2017 registriert, und die Unterschriftensammlung endete am 7. Juli 2017. Mit 1.070.865 Unterschriften aus 28 verschiedenen Mitgliedstaaten, war die Initiative erfolgreich und musste daher von der Kommission in Betracht gezogen werden.

Verbot von Glyphosat zum Schutz von Mensch und Umwelt vor giftigen Pestiziden

Motivation für die Initiative 

Glyphosat ist eines der am häufigsten verwendeten Pestizide in der EU Landwirtschaft ist, und das obwohl bekannt ist, dass es schwerwiegende gesundheitliche Folgen hervorrufen kann. Die Organisator*innen berufen sich auf einen Bericht der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) aus dem Jahr 2015, der Glyphosat als “wahrscheinlich krebserregend für den Menschen” einstuft. Sie sind der Ansicht, dass es genügend Beweise gibt, um die Verwendung von Glyphosat in der EU zu verbieten. 

Die Initiative forderte außerdem eine Änderung der Art und Weise, wie Pestizide in der EU wissenschaftlich bewertet werden. Die meisten Bewertungen werden, laut der Organisator*innen, von denjenigen durchgeführt, die ein Interesse an der Industrie haben, z. B. den Pestizidherstellern selbst.  Im Anhang heißt es: “Die Studien sollten nicht von denjenigen in Auftrag gegeben werden, die ein eindeutiges Interesse an ihrem Ergebnis haben. Stattdessen müssen die Behörden entscheiden, wer die Studien durchführt.” Sie forderten außerdem, dass die EU die Transparenz solcher Berichte erhöht und sicherstellt, dass die Industrie nicht wählen kann, in welchem Mitgliedstaat die Bewertung ihrer Produkte durchgeführt wird. 

Reduzierung von Pestiziden

Schließlich forderten Sie, dass EU-weit verbindliche Reduktionsziele für Pestizide festgelegt werden müssen. Die Organisator*innen weisen darauf hin, dass in der EU neben Glyphosat noch 480 weitere Pestizide zugelassen sind, die routinemäßig eingesetzt werden. Dadurch sind eine große Menge an Pestizidrückständen in der Umwelt zu finden. Die EBI forderte den Einsatz von Pestiziden nur dann zu erlauben, wenn alle anderen Methoden nicht wirksam sind.

Langfristig möchte die EBI Pestizide ganz verbieten. Im Anhang heißt es, dass die Chemikalien in Pestiziden ökologische und gesundheitliche Folgen für die Landwirte, ihre Familien, sowie für die breite Bevölkerung haben können. Die Chemikalien gelangen über unser Trinkwasser, angebaute Lebensmittel, und über Luftwege in unsere Körper.

Die Antwort der Kommission

Am 12. Dezember 2017 antwortete die Kommission auf die Initiative. Aus Sicht der Organisator*innen war sie jedoch ernüchternd. Nach Prüfung der wissenschaftlichen Berichte kam die Kommission zu dem Schluss, dass es keine ausreichenden Hinweise auf hervorgerufene gesundheitliche Schäden gibt, die der Nutzung von Glyphosat zugrunde liegen. Hierbei beruft sie sich auf die Europäische Behörde für Nahrungsmittelsicherheit (EFSA). Im November 2017 schlug die Kommission eine Erneuerung der Lizenz zur Nutzung von Glyphosat für fünf Jahren, statt fünfzehn Jahren vor, um in naher Zukunft noch einmal zu evaluieren. Außerdem wurden Gesetzesänderungen angekündigt, die die Transparenz der von der Industrie durchgeführten Studien erhöhen sollen. Diese traten 2021 mit der neuen Transparency Richtlinie in Kraft.

Was ist seit 2017 passiert?

Im September 2021 beginnen die ersten Gesprächsrunden zur Neubewertung der Zulassung von Glyphosat in der EU. Dafür wurde eine Bewertungsgruppe eingerichtet, die im Juni 2021 einen rund 11.000 Seiten langen Bericht an die EFSA und die europäische Chemikalienagentur (ECHA) übermittelte. Darin kommen die Expert*innen zu dem Schluss, dass Glyphosat nicht krebserregend ist. Die vollständige Einschätzung der EFSA wird im zweiten Halbjahr 2022 erwartet.

Deutschland ist derweil schon einen Schritt weiter gegangen. Das neue Insektenschutzgesetz, das im Februar 2021 verabschiedet wurde, enthält ein Verbot von Glyphosat ab 2024. Einige Ausnahmen gibt es für Flächen außerhalb von Schutzgebieten. Naturschutz und Umweltorganisationen begrüßten die Entscheidung. Der Präsident des NABU Jörg-Andreas Krüger nannte das Paket einen „ersten Schritt in die richtige Richtung“. Greenpeace bekräftigte, dass Insektenschutz konsequent angegangen werden müsse um effektiv zu sein. 

Die Bundesregierung rechnet damit, dass die Zulassung von Glyphosat nicht verlängert wird. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), betonte mehrfach, “dass nicht davon auszugehen ist, dass es nach 2022 noch eine Mehrheit für eine Verlängerung der Glyphosat-Zulassung auf EU-Ebene gibt”.

Nächste Schritte?

Um über die aktuelle Lage informiert zu bleiben, lohnt es sich immer auf unserer Website nachzuschauen, wo wir über neue Entwicklungen zu Initiativen berichten. Außerdem informiert die EU-Kommission hier über den Stand der Verhandlungen zur Zulassung von Glyphosat.

Quellen

finanziert von europanaevnet

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